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Porträt einer edlen Dame

NM 15457

Provenienzforschung im Nidwaldner Museum

Scipione Pulzone, Porträt einer edlen Dame, 1571, Öl auf Leinwand, 49.5 x 39.3 x 2 cm, NM 15457

Das Stifter-Ehepaar Ruth und Anton Frey-Näpflin hat während über 50 Jahren eine umfangreiche Sammlung an Gemälden, Skulpturen und kunstgewerblichen Objekten zusammengetragen. Neben flämischen, italienischen oder französischen Meistern vom frühen 16. bis ins 19. Jahrhundert sind ebenso Künstlerinnen und Künstler aus der Innerschweiz und darüber hinaus vertreten. Eine Auswahl des Sammlungsbestandes fand als Dauerleihgabe Eingang in die Sammlung des Nidwaldner Museums. In der Dauerausstellung Selbst und Welt. Werke aus der Sammlung sind verschiedene Werke aus der Sammlung Frey-Näpflin zu sehen. Zudem ist im Winkelriedhaus ein Raum nach der Stiftung benannt – der Frey-Näpflin-Raum.

Einige der Werke, die den Weg aus der Frey-Näpflin-Stiftung in die Sammlung des Nidwaldner Museums gefunden haben, waren einst im Besitz des schwedischen Grossindustriellen Axel Wenner-Gren (1881–1961). Wenner-Gren erscheint insbesondere im Rahmen des Zweiten Weltkriegs als schillernde Figur. Als Mitglied der High Society gehörten Kontakte zu deutschen Rüstungsunternehmen und der nationalsozialistischen Führungsspitze ebenso dazu wie Besuche im Weissen Haus oder Beziehungen zur britischen Königsfamilie.

Scipione Pulzone – Porträt einer edlen Dame

Das Gemälde war einst Teil der Sammlung Axel Wenner-Grens. 1978 wurde es vom Stifter-Ehepaar Ruth und Anton Frey-Näpflin gekauft und seit 2017 ist es als Dauerleihgabe beim Nidwaldner Museum. Zu sehen ist eine junge Frau in rotem Samtkleid mit Spitzeneinsatz. Sie erscheint als Brustfigur vor dunklem Hintergrund und trägt kostbare Accessoires wie einen prunkvollen Kopfschmuck und eine Perlenkette. Durch eine leichte Drehung ihres Kopfes nimmt sie Kontakt mit den Betrachtenden auf. Um wen es sich bei der jungen Dame handelt, ist nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich bewegte sie sich im Umfeld des Hofes der toskanischen Grossherzöge de› Medici.

Scipione Pulzone war ein italienischer Maler der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Vermutlich wurde er zwischen 1545 und 1548 in Gaeta, einer Küstenstadt im Machtbereich des Königreichs Neapel, geboren. Historisch erstmals greifbar wird Pulzone aber erst 1567 in Rom. Dort war er zunächst in der Werkstatt Jacopino del Contes tätig und konnte sich als Kunstmaler etablieren. Pulzone orientierte sich an den grossen Künstlern der Hochrenaissance wie Leonardo, Raffael oder Tizian. In der Folge erhielt er Aufträge von einigen der einflussreichsten Familien Italiens wie den Colonna, Farnese oder Medici, mit denen er teils auch privat verkehrte. Insbesondere in der Porträtmalerei galt Pulzone als führender Künstler seiner Zeit und war äusserst beliebt. Diese Beliebtheit widerspiegelte sich einerseits in der grossen Anzahl von Kopien seiner Werke, andererseits in von Mäzenen finanzierten Aufenthalten in Florenz oder Neapel. Er starb am 1. Februar 1598 in Rom.

Axel Wenner-Gren und die Mächtigen seiner Zeit

Axel Wenner-Gren (1881 – 1961) wurde am 5. Juni 1881 in Uddevalla, Schweden, als Sohn einer wohlhabenden Bauernfamilie geboren. Im Alter von 21 Jahren belegte er einige Kurse an der Universität Greifswald in Norddeutschland sowie an der Berliner Handelsakademie und schloss damit seine Ausbildung ab. Im Jahr 1909 lernte Wenner-Gren Marguerite Gauntier Liggett auf einem Schiff von New York nach England kennen. Marguerite, eine angehende Opernsängerin aus Kansas City, war gerade auf dem Weg nach Deutschland, um dort ihr Gesangsstudium abzuschliessen. Sie heirateten noch im selben Jahr.

Bekanntheit und Reichtum erlangte Axel Wenner-Gren vor allem als Gründer der Firma Electrolux. Das auch heute noch global tätige Unternehmen ging aus dem Zusammenschluss eines Staubsaugerunternehmens, Elektromekaniska, und eines Beleuchtungsunternehmens, AB Lux, hervor. Sein Vermögen mit Electrolux machte Wenner-Gren zunächst durch den Verkauf von Staubsaugern, später kamen Kühlschränke hinzu. Selbst der Börsencrash von 1929 und die folgende Weltwirtschaftskrise taten seinem Erfolg keinen Abbruch. Er kaufte sich eine eigene Insel in den Bahamas, war im Besitz von Schloss Häringe in Schweden und konnte die damals grösste Privatjacht der Welt sein Eigen nennen. Zudem gründete Wenner-Gren 1941 den Viking Fund, eine Stiftung, die sich der Unterstützung der Anthropologie verschrieb und heute noch unter dem Namen Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research existiert.

Wie viele Grossindustrielle seiner Zeit pflegte Axel Wenner-Gren sowohl geschäftliche als auch persönliche Verbindungen nach Deutschland. Er traf sich im September 1936 mit Hermann Göring, nur wenige Monate nachdem er und seine Ehefrau Marguerite ein Wochenende im Weissen Haus verbracht hatten. Im Mai und Juni 1939 kam es zu zwei erneuten Treffen zwischen Wenner-Gren und Göring, bei denen sich der Schwede als Friedensemissär zwischen Deutschland und England versuchte. Auch beim britischen Premierminister Neville Chamberlain wurde er im Rahmen seiner Bemühungen vorstellig. Ein letztes Treffen mit Göring fand im März 1940 statt, Wenner-Grens Bestrebungen waren da bereits klar gescheitert.

Am 14. Januar 1942 landete Axel Wenner-Gren auf der sogenannten Proclaimed List of Certain Blocked Nationals, der schwarzen Liste der US-amerikanischen Regierung. Wenner-Grens vielfältige Beziehungen nach Deutschland waren allerdings nicht der einzige Grund. Mindestens genauso schwerwiegend waren die wirtschaftlichen Bestrebungen Wenner-Grens in Lateinamerika und die damit einhergehende direkte Konkurrenz zu US-amerikanischen Interessen in der Region. Im Jahr 1943 umfasste die Proclaimed List 361 Seiten, wobei Axel Wenner-Gren unter Mexiko und Peru, nicht aber unter Schweden aufgeführt wurde.

Eine Provenienzgeschichte aus der Sammlung Frey-Näpflin

Über verschiedene Stationen kam Scipione Pulzones Porträt einer edlen Dame zunächst von Wien nach Stockholm in die Sammlung Axel Wenner-Grens, dann weiter nach Zug, von dort nach Stans in den Besitz des Ehepaars Frey-Näpflin und abschliessend in die Sammlung des Nidwaldner Museums.

  • Vor 1933: Firma Pollak & Winternitz, Wiener Antiquitätenhandel
  • 1933 – 1935: Nachfahren Samuel Pollak oder Walter Winternitz?
  • 25. – 27.09.1935: Auktionshaus Bukowskis Stockholm, Verkauf für 1355 Kronen an Marguerite Wenner-Gren
  • Ab Sept. 1935: Sammlung Wenner-Gren
  • Vor 1978: Kauf durch Zuger Finanzgesellschaft
  • 1978: Kauf durch Ruth und Anton Frey-Näpflin
  • Seit 13.12.2017: Dauerleihgabe an Nidwaldner Museum

Anhand der durchgeführten Recherche lässt sich der Weg des Porträts von ca. 1933 bis heute in groben Zügen nachverfolgen. Es bleiben aber noch viele offene Fragen. So ist beispielsweise nicht eindeutig geklärt, wo das Bild im Zeitraum von der Auflösung des Antiquitätenhandels Pollak & Winternitz bis zur Erfassung bei Bukowskis in Stockholm war. Oder wann und wie genau das Gemälde in den Besitz der Zuger Finanzgesellschaft kam.

Nach aktuellem Stand lässt sich dennoch sagen, dass Scipione Pulzones Porträt einer edlen Dame eine unproblematische Vergangenheit hat und es sich nicht um NS-Raubkunst handelt. Dies wird hauptsächlich daran erkenntlich, dass das Porträt vor dem sogenannten «Anschluss» Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche Reich verkauft wurde und keine Anzeichen für konfiskatorische oder unrechtmässige Handwechsel vorliegen.

Das Porträt einer edlen Dame kann mit weiteren Werken aus der ehemaligen Sammlung Wenner-Gren in der aktuellen Dauerausstellung im Winkelriedhaus betrachtet werden. Den ausführlichen Bericht finden Sie unter diesem Link.

Autor: Dominic Schmid, Volontär

Foto: Christian Hartmann

Bild zur Ausstellung: Porträt einer edlen Dame