Sieben Leben – oder – alles für die Katz
NM 10783
Die Vitrine mit einem dreiflügeligen Aufsatz mit dem Titel «Sieben Leben – oder – alles für die Katz» ist aufgrund ihrer Ästhetik und Materialität deutlich als Werk der Stanser Künstlerin Barbara Gut, (*1951 in Luzern) erkennbar. Das Arrangement aus Mischwesen und religiösen Elementen, wie zum Beispiel Rosenkränzen und Votivgaben, ist Teil der dreiteiligen Installation «Warten auf die Zeit», zu der noch die Arbeiten «Zärtliche Begegnung» (1994) und «Sternenstaub» (2009) gehören. Sie ist aktuell in der Sammlungsausstellung «Nachhall und Witterung. Ausgewählte Werke aus der Sammlung des Nidwaldner Museums» im Winkelriedhaus ausgestellt. Das altarähnliche Objekt, bestehend aus einem verglasten Schaukasten und einem Aufsatz mit hybriden Wesen, Blumen und Kerzen, ist in einem abgedunkelten Raum ausgestellt. Diese durch die Künstlerin geschaffene Atmosphäre erinnert an ein kirchliches Interieur. Die Sitzbank, die sich ebenfalls im Raum befindet, lädt zum Verweilen und Nachdenken ein. Der Besucher kann sich Zeit nehmen, denn Barbaras* Werke brauchen Zeit, sowohl im Entstehen wie auch während des Betrachtens.
In der Nahsicht wird deutlich, dass die einzelnen Figuren halb einen menschlichen Körper, halb einen tierischen haben. Da liegt beispielsweise eine weibliche Figur mit einer Fischflosse gemütlich in der Vitrine. Ihr nackter, menschlicher Oberkörper sowie die kleine Figur mit Katzenkopf in ihrem rechten Arm, assoziieren Fruchtbarkeit. Zugleich erinnert die Figurengruppe an Darstellungen von «Maria mit Kind». Beim Betrachten des fischförmigen Unterleibs stellt sich den Betrachtenden die Frage nach der Herkunft des Wesens, welches aus einer anderen Welt zu stammen scheint, aber gleichwohl auch Teil der unsrigen ist.
Barbara Jacobea Gut, in der Innerschweiz auch unter dem Künstlernamen Barbara* bekannt, entwickelt die Ideen für ihr künstlerisches Arbeiten aus ihren Träumen, ihrem Lebensalltag und ihrer unmittelbaren Umgebung heraus. Der frühe Morgen, eine Zeit zwischen Tag und Nacht, ist ebenfalls eine Quelle aus der sie ihre schöpferische Energie bezieht. Es ist eine Zeit in der Barbara* am produktivsten ist und in welcher die sorgsam aus Pappmaché und Gips geformten Geschöpfe entstehen. Durch Anordnung der Figuren zu einer Gruppe werden sie zur Inszenierung der Innenwelt des Menschen, seiner Träume sowie seiner Fantasien und erscheinen dadurch vertraut.
In den Werken von Barbara* lässt sich nicht nur eine Bewegung in die Innenwelt des Menschen beobachten. Bewusst werden auch kosmische Elemente mit einbezogen, wie zum Beispiel der Mond und die Sonne. So hält auch die weibliche Figur, die in der Mitte des altarähnlichen Aufsatzes steht, links und rechts von hasenköpfigen Gestalten umgeben, die Sonne und den Mond wie Symbole in ihren Händen. Wie auch in anderen Arbeiten betont die Künstlerin damit religiöse Aspekte und thematisiert mit dem Universum einen existentiellen Aspekt. Bei Barbaras* Werken spielt oft auch die Vergänglichkeit eine zentrale Rolle: Totenfiguren sowie deren Einbettung inmitten dinghafter Arrangements zeugen von einer Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem Tod. Sie thematisiert diesen nicht als Bedrohung; er ist vielmehr der kleinste gemeinsame Nenner, auf dem der Mensch und die Kreatur gleichwertig sind. Diese Ebenbürtigkeit der Geschöpfe wird durch die Hybridwesen verkörpert.
Nachdem Barbara* die Textilfachklasse von Godi Hoffmann an der Schule für Gestaltung in Luzern absolviert hatte, heiratete sie 1974 den Künstler Heini Gut und zog mit ihm nach Stans in ein altes Gadenhaus in der Kniri, wo das Künstlerehepaar noch heute inmitten und mit ihren künstlerischen Objekten wohnt. Diese Nähe zu ihrem Werk ist bezeichnend für die Künstlerin, die sich in ihren Arbeiten oft auch selbst porträtiert und ihren Alltag, ihre Gedanken- und Vorstellungswelt in ihre Werke integriert.
Autor: Miodrag Roncevic
Literaturangaben
- Pirmin Bossart, «Tagtraumwelten. Erinnerungen sind Wurzeln. Ohne Erinnerung hätte ihr Leben keine Tiefe, keinen Kern. Ein Portrait», in: Nidwaldner Kalender, Jg. 150, Stans 2009, 173-180.
- Klaus von Matt, «Lebenszeichen», und «Spielspuren», beides in: Barbara. Das Leben steht auf der Kommode oder dem Tisch, hrsg. von Galerie am Dorfplatz Stans, Stans 2000, 4-9 und 10-13.