Schreibmaschine von Werner Durrer

NM 11346

Lange Zeit war die Schreibmaschine das wichtigste Werkzeug für Schreiberlinge, Kaufleute oder Büroangestellte. Zunächst rein mechanisch, später auch elektronisch betrieben, dauerte der Siegeszug dieses Schreibinstruments ein ganzes Jahrhundert lang an. Erst mit der Verbreitung des Computers ab Mitte der 70er Jahre verlor die Schreibmaschine an Bedeutung im Alltag. Sie wurde zum Liebhaber- und Sammlerstück, oder, in diesem Fall: zum Museumsobjekt.

Die Schreibmaschine der Marke Underwood kam erst 2007 in die Sammlung des Nidwaldner Museums, und zwar als Schenkungsensemble zusammen mit einem Paar Ski, Skistöcken und einem Elektro-Ofen der Marke Therma. Die Underwood gehörte einst dem Dallenwiler Werner Durrer, der als Politiker, Bänker und Buchhalter in Nidwalden wirkte. Lange Jahre seines Lebens arbeitete er in der Buchhaltung und Administration für die Engelberg-Bahn, an deren finanzieller und technischer Sanierung er in den schwierigen Zeiten mitarbeitete. In seiner Abdankung in der Zeitung wird die Situation so beschrieben: «Kaum hatte sich die Bahn von den schweren Schlägen des ersten Weltkrieges etwas erholt, brach der zweite Weltkrieg aus, während zugleich die gewaltigen technischen Fortschritte in der Anwendung der Elektrizität die Bahn, welche eine der ersten elektrisch betriebenen Bahnen war, betrieblich ins Hintertreffen brachte.» Diese technischen Fortschritte machten sich aber nicht nur in der Elektrizität und im Bahnwesen bemerkbar. Auch die Schreibmaschine ist Teil dieser Entwicklung und wurde rasch zum unverzichtbaren Instrument im administrativen Bereich. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden erste Versuche gemacht, eine Alternative zur handschriftlichen Korrespondenz zu finden. Ursprünglich ging es dabei darum, auch Blinden oder Menschen mit einer Sehschwäche die Möglichkeit zu geben, selbstständig zu schreiben. Als «Erfinder» der modernen mechanischen Schreibmaschine gilt der Südtiroler Peter Mitterhofer, der 1864 erstmals eine ausgeklügelte Version entwickelte. Zwei Jahre später liessen Carlos Glidden und Christopher Latham Sholes in den USA ihre Schreibmaschine patentieren, die in der Folge erstmals als die sogenannte Remington No. 1 in kleiner Serie produziert wurde. Vertreiberin war die Firma Remington, die bis dahin vor allem für ihre Waffenproduktion bekannt war. Das Modell schrieb in reinen Grossbuchstaben, und die Tastatur war noch dem Alphabet nach angeordnet. Die Konkurrenz schlief aber nicht. Der Deutsch-Amerikaner Franz Xaver Wagner entwickelte die Underwood-Maschine mit der neuartigen Typenhebel-Segmentkonstruktion, zu der auch Werner Durrers Modell zählt. Diese neue Mechanik liess die Maschine um 1910 zur schnellsten Schreibmaschine werden. Die Underwood verbreitete sich in der Folge weltweit, andere Hersteller zogen nach. Anfang des 20. Jahrhunderts prägte die Schreibmaschine mit ihrem charakteristischen Klappern und Scheppern zahlreiche Büroräume, Redaktionen oder Ausbildungsplätze. Es kam zu Schreibmaschinenschreiben-Wettbewerben, und (angehende) Sekretärinnen wurden in Schreibmaschinenschreib-Kurse geschickt. Zuletzt wurde die Schreibmaschine sogar zu einer Art Lifestyle-Produkt, das wo immer möglich in den Alltag integriert wurde: Zeitgenössische Bilder zeigen etwa junge Leute im Swimming Pool sitzend, die ganz selbstverständlich nebenbei ihre Korrespondenz auf der Schreibmaschine erledigen, oder Sekretärinnen, die während des Frisörbesuchs Dokumente abtippen. Ab den 1930ern setzten sich die ersten elektrisch betriebenen Schreibmaschinen durch. Firmen wie IBM und später Olympia dominierten fortan den Markt mit ihren neuen «Korrespondenzmaschinen». Sie entsprachen ganz dem Fortschrittsgedanken der Zeit und wiesen zunehmend auch zusätzliche Funktionen auf.

Mit den ab Mitte der 70er aufkommenden Personal Computern verschwanden aber auch die elektrischen Schreibmaschinen aus dem Alltag. Der Computer vereinfachte den Schreibprozess erheblich, etwa durch Funktionen wie die Delete- oder Copy-Paste-Taste. Wer auf einer Schreibmaschine schrieb, musste zum Vornherein wissen, was er oder sie wie und in welcher Reihenfolge aufs Blatt bringen wollte. Die Geräte wiesen ausserdem zahlreiche Tücken auf: Buchstaben konnten verrutschen oder schmieren, Papier konnte reissen. Heute spricht man dennoch oft voller Nostalgie von der Zeit, als man noch auf der Schreibmaschine tippte. Liebhaber schätzen insbesondere die mechanischen Maschinen wegen ihrer Haptik, Geräusche und Geschichte. Das Zeitalter der Schreibmaschine fällt mit dem Leben von Werner Durrer zusammen. Dieser stand mitten drin in den rasanten technischen Entwicklungen, die das 20. Jahrhundert mit sich brachte. Seine Underwood Schreibmaschine ist für das Museum ein Zeuge für das Leben des Nidwaldners genauso wie für diese Zeit des Umbruchs.

Autorin: Bettina Thommen, Januar 2020

Bild zur Ausstellung: Schreibmaschine von Werner Durrer
Underwood Schreibmaschine, NM 11346