Pestalozzibildnis
NM 1236
Pestalozzis schweres Leben in Stans
Johann Heinrich Pestalozzi weilte Ende des 18. Jahrhunderts für kurze Zeit in Nidwalden. Ein Portrait des Schweizer Pädagogen.
Johann Heinrich Pestalozzi wurde 1746 in Zürich geboren und ist auch heute noch, nicht nur unter Pädagogen, ein Begriff. Sein Aufenthalt in Stans war zwar nur ein kurzes Gastspiel, dennoch sollten die Erfahrungen in Nidwalden für sein Lebenswerk von Bedeutung sein. Nach den Grauen des Franzoseneinfalls im September 1798 kam Pestalozzi am 7. Dezember nach Stans. Er hatte von der neuen Helvetischen Regierung den Auftrag erhalten, ein Waisenhaus in Stans zu errichten, das sich den Kindern, die durch die Kriegswirren fast alles verloren hatten, annehmen sollte. Pestalozzi sah darin die Chance seine pädagogischen Ideen in der Praxis zu erproben. Im Januar 1799 trafen die ersten 50 verschüchterten und verwahrlosten Kinder in den Räumen des Klosters St. Klara ein. Bald waren es 70 bis 80 Waisen- und Halbwaisen, die sich in den kargen, kalten Räumen drängten. Pestalozzi hatte alle Hände voll zu tun.
Optimist – Neue Pläne trotz Niederlagen
Pestalozzi hatte es im katholisch-konservativen Nidwalden, das sich nur wenige Monate zuvor den Franzosen in einem blutigen Kampf gegen die neue Staatsordnung hatte geschlagen geben müssen, nicht einfach. Selber Protestant, Befürworter des neuen Regimes und zudem progressiver Pädagoge stiess Pestalozzi auf die Ablehnung der Bevölkerung und erfuhr dies auch in der Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden. Bald verursachte die neue und aussergewöhnliche Pädagogik Pestalozzis Kopfschütteln. Im Juni 1799 wurde das Waisenhaus aus angeblich politischen Gründen geschlossen. Pestalozzi musste Stans höchst deprimiert verlassen – ein weiteres Projekt war geplatzt. Es folgten andere Stationen in seinem Leben, insbesondere Burgdorf und Yverdon. Obwohl er mit seinen Projekten immer wieder scheiterte, konnte er auch grosse Erfolge feiern. Seine pädagogischen Ideen haben dank verschiedener Bücher bis heute Bestand. Pestalozzi blieb zeitlebens optimistisch und glaubte an die Erziehung als Schlüssel zur «harmonischen Entwicklung des Menschengeschlechts». So schmiedete er immer wieder neue Pläne bis zu seinem Tod im Jahr 1827.
Nidwaldner Bildhauer porträtiert Pestalozzi
Das ausgestellte Portrait sowie einige Lithographien aus der Sammlung des Nidwaldner Museums zeugen davon, dass Pestalozzi und Stans verknüpft waren. Aber nicht nur Pestalozzi hat in Nidwalden seine Spuren hinterlassen, sondern auch der Erschaffer des ausgestellten Portraits, Josef Maria Christen. Dieser wurde 1767 in Buochs getauft, die Familie stammte aus Wolfenschiessen. Er eröffnete 1792 eine Kunstschule in Stans. Bald war er gezwungen, ins liberalere Luzern überzusiedeln. In Nidwalden nahm man Anstoss an seiner aufgeklärten Gesinnung und seinen überwiegend protestantischen Schülern aus Zürich. Als er dann die Protestantin Rosina Scheuermann heiratete, wurde diese Ehe in Nidwalden nicht anerkannt. Die Ablehnung durch seinen Heimatkanton veranlasste ihn, das Bürgerrecht von Aarau zu beantragen. Vermutlich entstand auch dort das Portrait von Pestalozzi. Josef Maria Christen starb 1838 verbittert und psychisch angeschlagen.