«Notsöckli» von Eva Zwimpfer
NM 13602
Eine einzelne rot-schwarze Wollsocke, die mit zunächst unbekanntem Inhalt gefüllt und oben zugenäht ist, gehört zu den Trouvaillen, auf die man im Sammlungsarchiv des Nidwaldner Museums, etwas Glück vorausgesetzt, stossen kann.
Ist der glückliche Finder darauf aus, das darin enthaltene Geheimnis zu lüften, so ist er allein auf den Tastsinn angewiesen, da auch die Aufschrift «EZ 2012 64-120», die auf einem am Socken angebrachten Karton zu lesen ist, keinen Hinweis über das im Inneren des 19 × 12 × 1 cm grossen Objekts Verborgene liefern kann. Des Rätsels Lösung kommt in Form eines Begleitbriefes daher. Darin wird beschrieben, was es mit der Textilie und deren Inhalt auf sich hat und was zu tun ist: «Ein zugenähtes Wollsöcklein, gefüllt mit goldigen Batzen und einer Glasperle. Bewahren Sie es an einem sicheren Ort wohlbehütet auf und vergewissern Sie sich hin und wieder tastend seines wertvollen Inhalts. Es könnte sein, dass Sie einmal froh sind, ein solches Notsöckli zu haben.»
Dieses wertvolle Fundstück ist eines von insgesamt 120 Exemplaren einer Arbeit der Luzerner Künstlerin Eva Zwimpfer (* 1926 in Luzern), die sie 2012 eigens als Geschenk für die Förder- und Gönnermitglieder der visarte Zentralschweiz geschaffen hat. Der Berufsverband der visuell schaffenden Künstlerinnen und Künstler, visarte, der die Interessen seiner Aktivmitglieder auf politischer und gesellschaftlicher Ebene vertritt, zählt über 3000 Mitglieder, die in 18 regionalen Gruppen organisiert sind. Die Zentralschweizer Gruppe, in der auch Eva Zwimpfer dabei ist, honoriert ihre Förder- und Gönnermitglieder mit einer jährlichen Gabe, als Dank für die Unterstützung des Verbandes und damit auch der vom Verband vertretenen Künstler. Diese Geschenke, die von den Aktivmitgliedern gemacht werden, sind in der Regel Original-Druckgrafiken oder, wie im Fall von Eva Zwimpfer, kleine plastische Arbeiten, sogenannte Multiple. Das «Notsöckli», das 64. Exemplar von insgesamt 120, ist 2012 dem Nidwaldner Museum, Fördermitglied der visarte Zentralschweiz, als Jahresgabe überreicht worden.
Eva Zwimpfer ist mit 67 Jahren relativ spät Künstlerin geworden. Aus einer Luzerner Lehrerfamilie stammend entschied sie sich zunächst für den Lehrerberuf. Ihre Leidenschaft war schon immer die Malerei, für die sie aber erst Zeit fand, nachdem ihre Kinder von Zuhause ausgezogen waren. In den 1950er Jahren besuchte Sie zweimal das Sommerseminar des österreichischen Malers Oskar Kokoschka in Salzburg. Die Begegnung mit Kokoschka war für Zwimpfer ein prägendes Ereignis und ermutigte sie, sich auch weiterhin mit der Malerei zu beschäftigen. In seiner «Schule des Sehens» lernte die Luzernerin das Wichtige zu sehen, was zum integralen Bestandteil ihrer Kunst wurde. Neben der Malerei, in die sie sich in der Schule für Gestaltung in Luzern vertiefte, ist sie auch Objektkünstlerin. Ihre Objets trouvés macht sie aus Dingen, die andere Menschen wegwerfen. Die Fähigkeit, das wichtige zu sehen, erlaubt es ihr in dem vermeintlichen Abfall die Möglichkeit zur Gestaltung von etwas Neuem zu erkennen. Ihre Kunst schuf Zwimpfer lange im Verborgenen. Erst 1992 hatte sie ihre Werke im Rahmen der Jahresausstellung der Innerschweizer Künstler einem breiteren Publikum gezeigt, doch bereits drei Jahre später bekam sie den Anerkennungspreis der Stadt Luzern. Seither wurde ihre Kunst sowohl in verschiedenen Galerien in der Zentralschweiz, wie auch 2001 im Kunstmuseum Luzern ausgestellt.
Autor: Miodrag Roncevic, 2014.
Literaturangaben
- Visarte Zentralschweiz: http://www.visarte-zentralschweiz.ch/menu-links/home/ 01.10.2014, 13:32
- Biographie von Eva Zwimpfer: www.billingbild.ch/uploads/media/zwimpfer_08.pdf 01.10.2014, 9:45