Haarpfeil
NM 12789.2
Haarpfeil
Der Haarpfeyl ist neben der Schuifle, den mit Agraffen am Göller befestigten Silberketten und dem Halsbätti ein Teil des Nidwaldner Trachtenschmucks, der zu der Bauern-Sonntagstracht getragen wird und als einer der reichsten der Schweiz gilt. Ledige Frauen schmücken ihre aufgebundenen Zöpfe mit roten Stofffilzen (Zipfe) und befestigen ihre Frisur mit dem langen silbrigen Haarpfeil. Verheiratete hingegen tragen die Schaufel.
Das Tragen von Schmuck war lange ein Privileg der städtischen Bevölkerung sowie der Angehörigen der höheren Stände auf dem Land. Beeinflusst durch Auslandreisen und das Leisten von Kriegsdiensten in fremden Ländern, kleideten sie sich ab Ende des 17. Jahrhunderts immer mehr nach der französischen Mode. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts änderte sich auch die Kleidung der bäuerlichen Bevölkerung. Die Kleider wurden farbiger und der Wunsch, diese vorteilhaft zur Geltung zu bringen, wuchs. Es wird vermutet, dass vereinzelt Schmuckstücke als Geschenke oder Handelsware in die Heimat gebracht wurden, bald schon übernahmen hiesige Goldschmiede die Anfertigung des Trachtenschmucks. Der unten abgebildete Haarpfeil stammt vermutlich von Franz Stulz (1828-1913) aus Stans, einer der Nidwaldner Goldschmiede, die Filigranschmuck herstellten.
Der Haarpfeil besteht aus einer rautenförmigen Silberplatte mit einem schmalen, wellenförmigen Stiel. Darauf befestigt ist ein Silberfiligranornament mit bunten – meist roten oder blauen – Glassteinen oder Emailplättchen. Typisch für Nidwalden ist zudem die Randverzierung mit nach unten geschlagenen Punkten.
Die Stiftung des silbernen Haarschmucks war Sache des zukünftigen Ehemanns und insofern ein Statussymbol. So nahmen Grösse und Gewicht des Haarpfeils gegen 1900 markant zu. Damit er nicht aus den Haaren rutschen konnte, wurde der anfänglich leicht gezähnte Stiel immer gewellter. Heute sind die Filigranstücke wieder kleiner.
In der Sammlung des Nidwaldner Museums befinden sind mehrere Haarpfeile, die sich in Alter, Material, Grösse und Ausarbeitung unterscheiden. Eine Auswahl wurde letztmals im Rahmen der Ausstellung «Miär sind vo geschter. Trachten Stans – Remixed» (26. Mai bis 7. Juli 2013) gezeigt.
Autorin: Flurina Joray, 2013