Ex Votos
NM 2600
Zwei Ex Votos zum Franzoseneinfall 1798
Seit dem Ende des Mittelalters wurden Votivtafeln, sogenannte Ex Votos den Kirchen gestiftet. War ein Mensch in grosser Not, so betete er zu einem Heiligen um Fürsprache bei Gott. Diese Bitte war häufig mit dem Versprechen einer später zu überreichenden Gabe bei Rettung verbunden. Aus diesem Versprechen und als besonderen Dank wurden Votivtafeln gestiftet. Ex Voto wird denn auch mit «aus Gelübt» übersetzt. Meistens richten sich diese an bestimmte Kultbilder. Sie stellen meist die betreffende Notlage oder das geheilte Körperteil dar. Öfters ist ausserdem ein Text mit dem Beschrieb der Errettung angebracht/aufgemalt.
Das Hauptanliegen des Votivmalers ist es, das Geschehen genau wiederzugeben. Meist sind es Volkskünstler ohne Malerausbildung, die Votivtafeln malten. Dadurch unterwerfen sich die Malereien der Täfelchen nicht den an den Akademien gelehrten Perspektiv-, Farb- und Zeichenlehre. Die Votivkunst beinhaltet viel eher eine eigene, volksbezogene Ästhetik.
Ein ausgebildeter Maler und einer der bekanntesten Votivkünstler in Nidwalden ist der Beckenrieder Franz Joseph Murer (1746 – 1805). Er war vermutlich der bedeutendste Schüler von Johann Melchior Wyrsch (1732 – 1798 beim Franzoseneinfall) an der Académie des Beaux Arts in Besançon. Wyrschs Schüler brachten das Votivbild zu seiner Blüte. So sind auch von Murer viele Votivtafeln erhalten.
Besonders in Zeiten der Not sind natürlich viele Votivtafeln entstanden. Das Nidwaldner Museum besitzt einige Ex Votos. Zwei davon, die beide Geschehnisse des Franzoseneinfalls von 1798 zeigen, sollen hier vorgestellt werden.
Das Ex Voto von Franz Joseph Murer ist 34,5 × 27 cm gross und zeigt in der unteren Hälfte des Bildes einen horizontal verlaufenden Felsabgrund. Im Bildfeld links oben sind drei französische Soldaten in graubraunem, rotem und blauem Rock mit charakteristischem Hut gezeigt, welche mit Bajonetten einen liegenden Zivilisten in graubraunem Rock, blauer Weste, schwarzer Hose und grünlichen Strümpfen den Abhang hinunter zu stossen versuchen. Im Bildfeld rechts oben ist eine Gewandmadonna in blumenverziertem, weissen Gewand mit dem Kind, Krone und Szepter in einem für Murer charakteristischen gold-gelb schimmernden Wolkengebilde dargestellt. Der angegriffene Mann richtet seinen Blick hilfesuchend der Madonna zu, die ruhigen Gemütes über ihn wacht.
Rechts unten ist eine Inschrift zu lesen, welche das dargestellte Geschehen auf den Franzoseneinfall am 9. September 1798 datiert: «EX VOTO. 1798. den 9 herbstmo». Es handelt sich dabei um eine der wertvollsten Tafeln Nidwaldens.
Dieses Ex Voto soll ursprünglich aus der Ridlikappelle aus Beckenried stammen. Die Kapelle «Maria zum Ridli» beherbergt die grösste Sammlung an Votivbildern, die vor allem aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen.
Das 34,5 × 23,5 cm grosse andere Ex Voto wurde vermutlich von Martin Obersteg dem Jüngeren (1761 – 1826) geschaffen. Im linken oberen Bildeck befindet sich eine Gewandmadonna in blumenverziertem, weissen Gewand mit Kind, Krone und Szepter in Wolken. Im Vordergrund unten steht ein Soldat in blauem Rock mit rotem Kragen und Hemdsärmeln, rotem Gilet und blauen Hosen, welcher die Hände zum Gebet gefaltet zur Madonna blickt. Im Hintergrund sind eindrücklich die Kämpfe des Franzoseneinfalls aufgezeigt. Rechts unten steht geschrieben: «EX VOTO 1798».
Dieses Ex Voto stammt aus der Kapelle Niederrickenbach.