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Ewiger Kalender

NM 12456

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, seit ich das erste Objekt des Monats für das Nidwaldner Museum präsentiert habe: die Taschenuhr des Stanser Bildhauers und Intellektuellen Hans von Matt. Die Uhr als Instrument der Zeiterfassung ist heutzutage allgegenwärtig – ob wir sie am Handgelenk tragen, in der Hosentasche, digital auf dem Mobiltelefon, ob wir sie am Computer, dem Kirchturm oder am Bahnhof sehen; wir lesen die Zeit ab und versuchen uns in ihrem Verlauf zu verorten. Wenn uns die Uhr durch die 24 Stunden des Tages leitet, so bietet der Kalender innerhalb eines bestimmten Zeitraumes die Übersicht über Jahr, Monat und Woche; er ordnet der Zeit ein bestimmtes Datum zu. Auch der sogenannte Ewige Kalender zeichnet sich dadurch aus – mit der Besonderheit, dass man für ein beliebiges Jahr den zu einem Datum gehörenden Wochentag ablesen kann. Mit der Zeit begonnen, widme ich auch meinen letzten Text zum Objekt des Monats März der Zeit.

Der Ewige Kalender aus unserer Sammlung ist ein besonders schönes Exemplar. Er ist bunt bemalt und sorgfältig ausgearbeitet, mit Aquarellzeichnungen. Über die Wochentage und Monate hinaus, können Sternzeichen, der Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, die Länge von Tag und Nacht sowie Feier- und Namenstage abgelesen werden. Mittels zweier Rädchen auf der Rückseite des Biedermeier-Holzrahmens aus Ahorn wird der Kalender bedient und der gewünschte Tag ermittelt. Unser Objekt ist aber keineswegs ewig, es bedient die Jahre zwischen dem Aschermittwoch 1841 und 1888. Dass der Kalender mit dem religiösen Feiertag des Aschermittwochs beginnt, ist indes kein Zufall. Im christlichen Jahreslauf läutet dieser die heilige Fastenzeit ein, die ihrerseits auf den wichtigsten christlichen Feiertag vorbereitet: Ostern. Dazu ein Rückblick:

46 vor Christus hatte Julius Caesar die etwas chaotische kalendarische Jahreslänge in der römischen Republik erstmals vereinheitlicht und reformiert. Im sogenannten Julianischen Kalender folgt auf drei Normaljahre ein um einen Tag verlängertes Jahr – ein Schaltjahr. Im Durchschnitt ergibt das pro Jahr 365,25 Tage. Dieses ist jedoch etwas zu lang, das heisst, die Sonne war immer ein bisschen schneller als der Kalender. Bereits nach 128 Jahren war der Sonnenstand dem Kalender einen ganzen Tag voraus. Bis in die frühe Neuzeit behielt der Julianische Kalender seine Gültigkeit – bis er dem vordergründig an Feiertagen ausgerichteten christlichen Jahreslauf in die Quere kam. Der Ostertermin errechnet sich aus einer Vereinigung von Sonnen- und Mondzyklus und ist auf den ersten Sonntag nach dem Frühlingsvollmond festgelegt. Auf unserem Ewigen Kalender steht oben rechts geschrieben: «Ostern fällt auf den 1ten Vollmond nach dem 21 Merz». Der 21. März ist der Frühjahrsbeginn, der durch die Tag- und Nachtgleiche im Sonnenzyklus definiert ist. Die Osterrechnung war insgesamt bereits eine ziemlich komplizierte Angelegenheit, durch die Ungenauigkeit des Julianischen Kalenders wurde sie zusätzlich erschwert. Der Julianische Kalender hatte sich über die Jahrhunderte derart verschoben, dass sich der 21. März und die real beobachtbare Tag- und Nachtgleiche immer mehr voneinander entfernten. Aus diesem Grund sah sich Papst Gregor XIII. gezwungen die Verschiebung im Jahr 1582 zu korrigieren, indem er kurzerhand 10 Kalendertage strich. Um Abweichungen in Zukunft vorzubeugen, veränderte er die Regel der Schaltjahre. Gleich blieben wie bisher diejenigen Schaltjahre, die durch vier geteilt werden konnten. Ausgenommen waren neuerdings Jahre, deren Jahreszahl durch hundert teilbar sind, nicht aber durch vierhundert (1800 ist kein Schaltjahr; 1600 ist ein Schaltjahr). Die nunmehr nur noch geringe Abweichung vom tatsächlichen Sonnenjahr summiert sich erst nach 3323 Jahren zu einem vollen Tag.

Der Kalender ist in dem Sinne ein Hilfsmittel, das uns erlaubt, ein Ding, ein Geschehen, uns selber oder das, was uns umgibt in der Zeit zu verorten. Die Zeit vergeht, sie beschreibt Veränderung, Bewegung, sie hat eine bestimmte Dauer, ein Vorher und ein Nachher und doch bleibt sie undefinierbar. Alle Begriffe, die wir zur Beschreibung der Zeit benötigen, werden ihrerseits durch zeitliche Zusammenhänge definiert. Die Ordnung, die wir über den Kalender in unsere alltäglichen, zeitlichen Abläufe bringen, kann als Instrument verstanden werden, das uns hilft eine bessere Orientierung zu finden. Seit jeher machen sich Gelehrte und Wissenschaftler Gedanken über die Zeit, über ihre Ewigkeit und Unaufhaltsamkeit. Bis heute hat sich das nicht verändert und auch im Alltag werden wir immer wieder konfrontiert mit der Zeit, sie beschäftigt uns unweigerlich: Sich Zeit nehmen, die Zeit ist knapp, die schönen alten Zeiten, Zeit-los, verlorene Zeit, zeitgenössisch …das Wort «ist eines der zehn – ‹zur Zeit› – meistgebrauchten Substantive der deutschen Sprache» [1].

Was das zu bedeuten hat? Ich überlasse es Ihnen. Sicher ist, dass sie uns auf Trab halten wird, die Zeit. In diesem Sinne verabschiede ich mich und wünsche Ihnen einen schönen Frühling!

Autorin: Magdalena Bucher, 2016

Quellen

  • Demandt, Alexander: Zeit. Eine Kulturgeschichte. Berlin 2015.
  • Koller, Edith: Strittige Zeiten. Kalenderreformen im Alten Reich 1582-1700. Berlin 2014.
  • Schlag, Hannes E.: Ein Tag zuviel. Würzburg 1998.

[1] Demandt, Alexander: Zeit. S. 11.

Bild zur Ausstellung: Ewiger Kalender